Hallo uwilein,
lichst Willkommen hier im Forum
Ich gebe keine Kaufberatung ab, nur meine bescheidene Erfahrung und Einschätzung wieder.
Eine Adler 104-4 hat mit dicken Materialien wie Leder und extrem dickes Segeltuch keine Probleme. Sehr dicke Garne vernähen kann sie sicherlich auch. Sie kann aber kein Zick-Zack und ich würde erwarten, dass ich keinen Platz für sie habe (in meinem Keller vielleicht), sehr viel Krach macht und uU mir auch viel zu schnell anläuft. Das Verhalten hängt insoweit vermutlich vom Motor ab und auch, welche Riemenscheibe man dabei verwendet. Auf diesem Gebiet kann ich leider nicht mitreden.
Die Pfaff 332 wurde für den industriellen Einsatz bzw. gewerblichen Bedarf von Sattlern nicht gemacht. Die kann aber alles mögliche an Zick-Zack und Zierstichen. Sie braucht nicht viel Platz und man kann mit ihr extrem präzise und leise nähen, so leise, dass sich niemand gestört fühlt. Voraussetzung dafür ist nur ein guter Rucksack-Motor und ein guter Pfaff Widerstands-Anlasser. Wie weit man mit einer Pfaff 332 oder 230 im Extremfall gehen kann, habe ich noch nie ausprobiert, dafür war sie mir zu schade. Es ist eine Luxus-Haushaltsmaschine, die so ziemlich alles kann, was der anspruchsvolle Näher normalerweise braucht und die bei guter Pflege und Behandlung nicht einfach defekt geht.
Der Grenzbereich, mit dem die meisten Haushaltsnähmaschinen gerade noch umgehen können, liegt etwa bei Garnstärke No./Tkt. 30. Das entspricht etwa Garnstärke 10 (Nummer metrisch) bzw. tex 100 und dtex 1000. IdR braucht man dafür eine 120er Nadel. Manchmal klappt es mit einer 110er auch noch. Wenn man damit dann durch 16 Lagen Jeansstoff geht (so viel wie gerade noch unter den Nähfuß passt; die Stoffdrückerstange kann man bei Bedarf auch etwas höher einstellen), bekommen die allermeisten Maschinen langsam Probleme, schaffen es aber häufig gerade noch. Ganz offensichtlich ist es allerdings ein Unterschied, ob ich auf 16 Lagen Jeansstoff mit einer 90er oder einer 120er Nadel nähe. Gütermann Tera und Amann Serafil sind Qualitätsgarne, die man tendenziell noch mit einer dünneren Nadel verabeiten kann. Die Reißfestigkeit ist enorm und manchen dickeren Nähgarn überlegen.
Wenn ich nur 4 Lagen dickes Segeltuch, Cordura (1000den, PU-beschichtet, 400g/qm) vernähen muss und dabei Gütermann Tera 40 oder Amann Serafil 40 mit einer 90er Nadel vernähe, erwarte ich auch mit einer Pfaff 332 keine Probleme. Selbst dickes Segeltuch und Gurtband vernäht mit Gütermann Solbond 30 könnte noch gehen (Müsste ich vorher ausprobieren und entsprechend für diesen Bedarf einstellen). Dort wo sich die Stoffe mehrlagig knubbeln muss ich möglicherweise etwas manuell nachhelfen. Damit der Stoff gut transportiert wird, brauche ich uU einen Rollerfuss oder einen Obertransportfuss. Möglicherweise reicht auch ein Teflon-Fuß. Das muss ich ausprobieren. Zum Nähen eines etwas dickeren Vorhangs brauche ich jedenfalls keine Adler 104, da reicht eine Pfaff 332 noch vollkommen aus. Ich rede hier nicht vom Bedarf eines Dekorateurs, der ständig dickere Vorhänge nähen muss. Seine Zeit ist kostbar und der kann sich für einen Vorhang nicht so viel Zeit nehmen wie ich.
Selbst beim Nähen einer Lederjacke würde ich mit einer Pfaff 332 keine Probleme erwarten. Da bräuchte ich u.U. noch nicht mal Ledernadeln. Bei einem Gürtel aus sehr dickem Rindsleder allerdings sofort. Wenn ich da nur eine kurze Naht bräuchte, gehe ich damit zum Schuster. Der näht einmal drüber und fertig. Eine kurze perfekte Raupen-Naht auf 4 Lagen dickes Nylon/Polyester Gurtband schafft die Pfaff 332 aber noch, da bin ich mir sicher. Das kann eine Industriemaschine nicht viel besser, wenn ich die Unterfadenspannung und die Oberfadenspannung bei einer Pfaff 332 auf Extremwerte einstelle. Solche Verstellungen muss man beherrschen. Wenn man das nicht kann, bekommt man auch bei einer Industrienähmaschine schnell Probleme.
Es gibt einen Anwendungsbereich, den ich keiner Pfaff 332 zumuten würde (ich habe es noch nicht ausprobiert), den ich aber mit einer speziell dafür ausgesuchten Haushaltsmaschine auch noch schaffe. Das ist das Nähen auf dicker LKW-Plane PVC-beschichtet (bis etwa 700g/qm). Dabei handelt es sich um Einzelstücke und nicht um Serienfertigung. Im letzten Sommer habe ich mich mit einer sehr alten goldverzierten Adler 8 auf Balkonien unter einen Sonnenschirm gesetzt und in wenigen Stunden 10 sehr schöne Fahrradtaschen (2 komplette Sets in unterschiedlichen Farben) aus solchen Material nur mit dem Handrad genäht. Im Verlauf dieser Übung habe ich einen rechtsdrehenden Rucksackmotor angebaut und das hat dann etwas schneller, aber auch kaum hörbar geklappt. Die Nähte waren perfekt bis zu 5mm Stichlänge. Vernäht habe ich Gütermann Calora No./Tkt. 60 (entspricht der Gütermann Tera 60 Qualität) mit einer Universal-Nadel in Stärke 90. Eine Industriemaschine hätte das auch nicht besser hinbekommen. Nur wesentlich schneller halt, aber vermutlich nicht ganz so präzise und leise, wie ich das geschafft habe. Ich habe nicht vor, weitere Fahrradtaschen zu nähen. Wenn ich das in großen Stückzahlen beabsichtigen würde, würde ich vermutlich auch schnell über eine Adler 104-4 nachdenken.
Die nächste Nähmaschinentasche nähe ich aber genauso oder ähnlich wieder mit einer Adler 8 oder einer etwa baugleichen Phoenix DD Kl. 6 (beide basieren auf einem Wheeler & Wilson Patent aus den 70/80er Jahren des vorletzten Jahrhunderts). Die Phoenix (BJ geschätzt 1910 - 1920) betrachte ich als mein Arbeitspferd. Probleme hab ich mit der nur, weil ich nur am Lederriemen einer Tretkurbel aufspulen kann. Das Aufspulen mache ich an der Adler 8. Mit der bin etwas vorsichtig, weil die noch in einem sehr guten optischen Zustand ist und bereits eine gewissen Sammler-Wert hat. Die Adler 8 will ich demnächst im bestmöglich restaurierten Zustand verkaufen. Mir fehlen nur noch ein paar Nähfüsschen. Dann ist das Zubehör wieder vollständig. Wenn ich jemand finde, der meine Phoenix mit Original-Nähtisch aus massiven Eichenholz und vollständigen Zubehör bei mir abholen will, mache ich es aber auch umgekehrt. Eine dieser beiden Maschinen will ich behalten. Beide gebe ich nicht her und verschenken tue ich auch keine. Diese Maschinchen sind für mich wertvoll.
Wenn ich diese Maschinchen nicht bereits hätte und nicht genau wüsste, was ich ihnen zumuten kann, aber nur eine Pfaff 332 hätte und etwas wie eine Industrienähmaschine zusätzlich brauchen könnte, dann würde ich über eine Pfaff 138 nachdenken. Das macht deshalb Sinn, weil es zwischen Pfaff 332 und Pfaff 138 sehr viele Gemeinsamkeiten gibt. Ich könnte eine Pfaff 138 wesentlich schneller begreifen als eine Adler 104 und sie bei Bedarf auf schnell reparieren. Von einer Adler 104 habe ich so gut wie keine Ahnung. Eine Pfaff 138 kenne aber bereits sehr gut, weil ich die Pfaff 332 (ohne Automatik ist das eine Pfaff 230 und eine Pfaff 230 ist bis auf wenige Dinge mit einer Pfaff 130 identisch) bereits sehr gut kenne. Ich müsste nicht mehr viel dazulernen. Ein weiterer nicht unwichtiger Vorteil wäre aus meiner Sicht, dass die Pfaff 138 auch Zick-Zack sehr gut nähen kann. Die Nähmaschinen-Technik stimmt insoweit auch weitgehend mit der Pfaff 130 oder der Pfaff 230 und damit der Pfaff 332 überein. Die Pfaff 138 kann man auch manuell nur mit dem Handrad oder einer Tretkurbel bedienen, wenn man das will. Sie ist etwas robuster gebaut, als eine Pfaff 130. Mit einem starken Motor kommt sie einfacher durch dicke Stoffe. Ein paar Unterschiede mag es zwischen Pfaff 138 und Adler 104-4 noch geben, die vielleicht auch für die Adler 104 sprechen. ME sind die aber kaum wichtig oder nur für sehr spezielle Bedürfnisse. Gelegentlich schiele ich auf eine Singer 207D3 Industrienähmaschine. Das liegt daran, weil ich die verbaute Technik durch meine Kenntnis der Singer 206 ebenfalls bereits relativ gut kenne. Zwischen Singer 206 und einer Pfaff 130 gibt es auch viele Gemeinsamkeiten.
Die Leute, die hier von Adler 104 oder ähnlichen Sattler/Schuster Maschinen reden sind Profis. Sie brauchen ihre Maschinen in aller Regel für gewerbliche Zwecke, im besten Fall noch für sehr ausgefallene Hobby-Zwecke. Lass dich dadurch nicht verwirren. Versuche deine Nähkenntnisse zunächst zu perfektionieren, dann klappt es vermutlich auch, mit einer Pfaff 332. Die Nähmaschinen nähen nicht von selbst. Meistens sitzt das Problem vor der Maschine.
Wenn jemand nicht nähen kann, dann klappt es mit einer Industrienähmaschine noch weniger. Beispiel bei dem ich mich vor Lachen nicht halten konnte:
https://www.youtube.com/watch?v=2R4y8f_Sd0U