Ich prangere Dich ja gar nicht an - nicht falsch verstehen.
Ich finde es gut und wichtig, eine sachliche Diskussion zumindest bis zu einer gewissen Ebene zu führen. Ein auf jeden Fall immer zutreffendes Ergebnis gibt es vielfach nicht - meist kommt dabei aber zumindest eine "Richtline", ein "Code of Conduct" heraus, also ein Gedanke, eine Vorstellung, ein Wert, an dem man sich dann weiter orientieren kann.
Daher finde ich Deine Reaktion, ja: den Thread selbst hier, gut und wichtig. Hier sind viele Bastler unterwegs, die ihre eigenen Maschinen auf Vordermann bringen. Hin und wieder mag so eine Maschine auch wieder veräußert werden. Es sind bestimmt auch Bastler anwesend, die häufiger Nähmaschinen günstig aufkaufen, aufbereiten und wieder veräußern. Auch sind hier bestimmt Mitglieder dabei, die das hauptberuflich und gut ausgebildet machen. Warum auch nicht?
Deutsche Sprache ist sehr präzise, wir verwenden gegenüber z.B. den Briten einen knapp mehr, als doppelten Wortschatz. Und genau so präzise sind auch unsere Gesetze aufgebaut. Es beginnt immer damit zu erklären, auf wen oder was dieses Gesetz Anwendung finden soll. Danach folgt immer eine Erklärung, was nun mit welchem Ausdruck genauer und näher gemeint ist.
Die DSGVO ist beispielsweise in englischer Sprache verfasst worden, was uns Deutschen etliche Probleme brachte. Die Engländer nutzen ein Wort für vieles - dem gegenüber haben wir aber viele Wörter, die nur zunächst das Gleiche beschreiben, aber in ihren Nuancen doch erhebliche Unterschiede verbergen. "reasonable expectations" beispielsweise. Wie übersetzt man das, ohne die Intention des Rechtschreibers zu verändern? Sind das jetzt "begründete" oder "begründbare" Erwartungen? Schon hier ergeben sich massive Unterschiede! Man hat sich dann für "vernünftige" Erwartungen entschieden, was wohl korrekt zu sein scheint, aber bestimmt nicht die 1:1-Übersetzung darstellt...
OK.
Beim Lesen von Gesetzen ist es immens wichtig, immer ganz oben zu beginnen und sich zu überlegen, was die Legislative damit wohl gemeint hat. Problematisch daran ist besonders, wenn man als Fachmann (Fachmann irgendeines Gewerks, nur halt nicht der Juristerei!) ein Gesetz liest, dass einen vermutlich treffen könnte. Hier liegt die Gefahr begraben, dass man aus seinem Fachwissen heraus beginnt, juristisch zu interpretieren. Es gilt also, beim Lesen eines Gesetzes einen gewissen Abstand zu wahren.
Und das ist wichtig: Gesetze dienen Juristen, rechtzusprechen. Man kann von keinem Juristen erwarten, ein Recht von einer anderen fachlichen Richtung (hier stand vorher "Ebene" - was falsch wäre) aus zu betrachten und auszulegen. Hilfe holen sie sich beispielsweise bei Gutachtern oder anerkannten Sachverständigen - sie sind auf ihrem jeweiligen Gebiet Fachmann, mit einer Portion Rechtskunde ausgestattet und beraten den Juristen bei der Anwendbarkeit des Rechts. Ein Richter kann nur und ausschließlich aufgrund von Gesetzen entscheiden.
Gesetze sind also von und für Juristen geschrieben, nicht für Handwerker. Und so muss man ein Gesetz auch lesen: Mit Abstand, von Beginn an und Stück für Stück.
Lass' uns einen Blick auf den § 1 des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) werfen. Ich kopiere das Ding hier rein, und markiere meine Auslegung dazu mal grün - kann also etwas länger werden
Da:
Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz - ProdSG)
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt, wenn im Rahmen einer Geschäftstätigkeit Produkte auf dem Markt bereitgestellt, ausgestellt oder erstmals verwendet werden.
hier steht, dass im Rahmen einer Geschäftstätigkeit Produkte... - das liegt hier nicht vor. Das ganze ist eine einmalige Aktion rein privater Natur, von daher erübrigt sich der Rest des Gesetzes; für dieses Gesetz bin ich der falsche Adressat.
(2) Dieses Gesetz gilt auch für die Errichtung und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen, die gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken dienen oder durch die Beschäftigte gefährdet werden können, mit Ausnahme der überwachungsbedürftigen Anlagen
1.
der Fahrzeuge von Magnetschwebebahnen, soweit diese Fahrzeuge den Bestimmungen des Bundes zum Bau und Betrieb solcher Bahnen unterliegen,
2.
des rollenden Materials von Eisenbahnen, ausgenommen Ladegutbehälter, soweit dieses Material den Bestimmungen der Bau- und Betriebsordnungen des Bundes und der Länder unterliegt,
3.
in Unternehmen des Bergwesens, ausgenommen in deren Tagesanlagen.
hier steht überwachungsbedürftige Anlagen - hier der Link zu Wikipedia mit einer Auflistung überwachungsbedürftiger Anlagen. Wenn ich nun einen alten Druckkessel aufbereiten und verschenken wollte (ein Kompressor müsste unter dieses Gesetz fallen, da gibt es aber bestimmt Richtlinien, wie groß der Kessel sein muss, wie hoch der Betriebsdruck sein muss, Förderleistung, Motorleistung etc.), würde mich das Gesetz wieder treffen - Nähmaschinen fallen aber nicht darunter.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht für
1.
Antiquitäten,
hier hatte ich auf Zustimmung gehofft. Gibt es da eine gesetzliche Regelung zu, wann ein Produkt als Antiquität gilt?
2.
gebrauchte Produkte, die vor ihrer Verwendung instand gesetzt oder wiederaufgearbeitet werden müssen, sofern der Wirtschaftsakteur denjenigen, an den sie abgegeben werden, darüber ausreichend unterrichtet,
hier gilt das Gesetz nicht
3.
Produkte, die ihrer Bauart nach ausschließlich zur Verwendung für militärische Zwecke bestimmt sind,
Nein, nicht die Nähmaschine.
4.
Lebensmittel, Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere, Erzeugnisse menschlichen Ursprungs und Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen,
Nein, nicht die Nähmaschine.
5.
Medizinprodukte im Sinne des § 3 des Medizinproduktegesetzes, soweit im Medizinproduktegesetz nichts anderes bestimmt ist,
Nein, nicht die Nähmaschine.
6.
Umschließungen (wie ortsbewegliche Druckgeräte, Verpackungen und Tanks) für die Beförderung gefährlicher Güter, soweit diese verkehrsrechtlichen Vorschriften unterliegen, und
Nein, nicht die Nähmaschine.
7.
Pflanzenschutzmittel im Sinne des § 2 Nummer 9 des Pflanzenschutzgesetzes oder des Artikels 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1).
Nein, nicht die Nähmaschine.
Satz 1 Nummer 2 und 5 gilt nicht für die Vorschriften in Abschnitt 9 dieses Gesetzes.
(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind. Satz 1 gilt nicht für die Vorschriften in Abschnitt 9 dieses Gesetzes.
Abschnitt 9 befasst sich wieder mit überwachungsbedürftigen Anlagen - trifft also auch wieder nicht zu.
Der Paragraph 2 erklärt Begriffe, die innerhalb des Gesetzes Verwendung finden. Ich will jetzt nicht alles hier reinkopieren, nur die von Dir erwähnten Passagen:
§ 2 Abs. 14: Im Sinne des Gesetzes...
... ist Hersteller jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwickeln oder herstellen lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet; als Hersteller gilt auch jeder, der
a)
geschäftsmäßig seinen Namen, seine Marke oder ein anderes unterscheidungskräftiges Kennzeichen an einem Produkt anbringt und sich dadurch als Hersteller ausgibt oder
b)
ein Produkt wiederaufarbeitet oder die Sicherheitseigenschaften eines Verbraucherprodukts beeinflusst und dieses anschließend auf dem Markt bereitstellt,
Hier werden mit a) geschäftsmäßige Handlungen betroffen, mit b) explizit wieder diejenigen, die etwas verkaufen wollen.
Aber: Es passt auf viele andere, womöglich sogar auf einige hier im Forum - da muss sich aber jeder selbst erkennen.
Einen haben wir noch, den Absatz 4 im Paragraphen 2:
§ 2 Abs. 4: Im Sinne des Gesetzes...
... ist Bereitstellung auf dem Markt jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Markt der Europäischen Union im Rahmen einer Geschäftstätigkeit,
Es geht um die Begrifflichkeit "Bereitstellung auf dem Markt", die aber auch hier wieder "im Rahmen einer Geschäftstätigkeit" zu sehen ist.
Lass' uns aber, um die spannende und wichtige Diskussion hier vernünftig weiterführen zu können, Abstand nehmen von meiner 332 und dem Töchterchen unserer Freundin. Das ist alles rein privat und hat mit diesem Gesetz hier nichts zu tun.
Etwas anderes wäre es natürlich, wenn ich die Maschine fertig stellte und dann hier anbieten würde - da gebe ich Dir Recht, jetzt würde das passen. So aber nicht.