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Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 09:06
von Hummelbrummel
Kleines Update:

Zum Schablonen-Thema:

Offenbar war meine Fehleranalyse falsch (die mit dem "Scheibenwackeln").

Ich habe einfach mal ein Stückchen Pappe unter die Scheiben-Festhalteklemmen geklemmt.
Damit saßen die Scheiben plan und relativ fest und wackelfrei.

Die Stiche sahen aber genauso aus.

zwei weitere Überlegungen:

1) Möglicherweise ist tatsächlich ein schräger Laserschnitt und daraus resultierende minimale Ungenauigkeiten der Hauptgrund für das "Eiern" der Stiche.
Dann wären die Varianten 3D-Druck und Lasercut "gehupft wie gesprungen".

2) Bei der Scheibenkombi 13+14 ist auf den ersten Blick kein "Eiern" erkennbar. Die Stiche sehen (auch im neuen Test) eigentlich recht gleichmäßig aus.
(Wenn man davon absieht, dass das Muster dichter wird, wenn man mit mehr Tempo näht, aber das dürfte eher nicht an den Schablonen an sich liegen.)

Erklärungsversuch 1: Die Scheiben lagen beim Schneiden an jener Stelle auf der Platte, an denen der Laser am meisten senkrecht traf?
Erklärungsversuch 2, den ich für wahrscheinlicher halte: Von allen bisher getesteten Nachbau-Scheiben hat das Muster 13+14 den längsten Stichrapport. Hier entsteht ein Bogen aus je 12 Stichen, d.h. auf der Scheibe sind 2 Bögen untergebracht.
Bei den anderen Stichen entsteht das Muster aus 3-6 Stichen, die sich dann entsprechend oft auf der Scheibe wiederholen.
Möglicherweise fällt bei solchen Stichabfolgen ein "Eiern" einfach wesentlich deutlicher ins Auge als bei einer langen Stichabfolge.

Was meine Gedanken nahtlos zur Borletti-Konstruktion weiterleitet:

Als ich die Maschine und die Stichmustertabellen das erste Mal vor mir sah, war einer meiner ersten Gedanken: Wer erfindet denn solche seltsamen Zier-Stiche und warum? Wo es doch naheliegend ist, zunächst mal all jene schlichten und nützlichen Stiche zu programmieren, an denen ich mich hier die ganze Zeit versuche.
Waren die Ingenieure so begeistert von den Möglichkeiten, dass sie wild drauflos erfanden?
Hatte keiner eine nähende Frau zu Hause, die ihm sagte, welche Stiche nützlich sind?
Allerdings unterliegen ja auch Stichmuster der Mode und tatsächlich hatte man damals wohl andere Stich-Wünsche als heute...

Mittlerweile kommt allerdings noch eine weitere Überlegung hinzu: Kann die Borletti vielleicht Muster mit kurzen Stichabfolgen und mehreren identischen Wiederholungen auf der Scheibe nicht so präzise abarbeiten?
Hat man deshalb davon lieber gleich die Finger gelassen?

Das ist jetzt nur so ins Blaue gedacht. Ich bin kein Ingenieur und mein Technik-Verständis ist autodidaktisch erworben und doch eher weniger umfangreich.

Ich behalte mir entsprechend der Entwicklung meiner Kenntnisse Meinungsänderungen vor.

Interessant wäre es mal, eine Oroginal-Borletti-Schablone daraufhin zu testen. Regina, Deine Nr.90 wäre dafür geeignet.

Zur Funktionsweise der hinteren Schablone/ der Stichlänge

In der hinteren Klappe wird ja der Stofftransport gesteuert.

Ist die dazugehörige Automatik (Rad mit Kreis) ausgeschaltet, geht eine Stichlänge von so ca. 4mm.

Bei eingeschalteter Automatik ändert sich das. Da wird quasi die gesamte mögliche Stichlänge auf die Möglichkeiten "vor" und "zurück" aufgeteilt, je nachdem, wie weit man das Rad dreht. Bei einer entsprechenden Schablone mit maximal tiefem Tal und hohem Berg ist bei "20" die Vor- und Rückwärtsbewegung identisch.

Langer Rede kurzer Sinn:
Will man den 3-fach-Geradstich nähen, dann hat der eine maximale Länge von ca 2mm und das ist leider ganz schön kurz.

Letztens habe ich nämlich Sohns Jeans repariert und dabei konnte ich mich einerseits davon überzeugen, wie super-solide diese Dreifachnaht ist (die als Seitennaht da original vorhanden war) und hätte dann andererseits zum wieder Schließen der Naht gerne einen etwas längeren Stich gehabt.

Genäht hat die Borletti aber anstandslos.

Zum Zierstichnähen auf der Borletti generell:

Der Schablonentest mit den fixierten Scheiben erfolgte auf einem eher labbrigen Jeansrest mit deutlichem Stretchanteil und einem Bauwoll-Quilt-Garn der Firma "Valdani", Stärke 35, + Universalnadel Nr 100, ohne Stickvlies oder Unterlage, ohne Rahmen.

Wie bereits erwähnt, ändert offenbar die Nähgeschwindigkeit die Musterlänge.

Ansonsten bin ich vom Nähverhalten der Maschine an dieser Stelle sehr angetan:
Das hat sie völlig schmerzfrei erledigt, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Erklärend muss ich vielleicht hinzufügen, dass meine Ex-Janome 4120 schon Schluckauf bekam, wenn das Valdani-Garn nur neben der Maschine lag.
Das 35er Garn hatte ich ihr gar nicht erst zugemutet, aber sowohl mit dem 50er als auch mit 60er Baumwollgarn von Gütermann ("ohne Quilt") hatte ich sehr ausgiebige Zierstich-Sessions mit zig verschiedenen (Spezial-) Nadelvarianten und mit und ohne etlichen untergelegten Vliesen. Ein stretchiger Stoff wäre da sowieso ein No-Go gewesen. Aber auch unter optimalsten Nähbedingungen und mit sehr bedachtem Vorgehen hat sie gerne Stiche ausgelassen und Fäden gerissen, so dass eigentlich kaum eine zuverlässige Naht möglich war....

Es gibt gleich noch Fotos.

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 09:35
von Hummelbrummel
Zierstiche aus eigenen Schablonen auf der Borletti:

Für diesen Zweck (Verzierung auf Upcycling-Jeansstoff) absolut in Ordnung:
(Schärfere Bilder sind bei der derzeitigen Winter-Beleuchtung leider nicht drin.)

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 09:41
von Hummelbrummel
Der Dreifachgeradstich im Einsatz bei einer Jeans-Reparatur.

Die Borletti hat ihn sehr zufriedenstellend genäht, aber er dürfte für Jeans gerne eine etwas größere Stichlänge haben.

(Die eigentlichen Stopfarbeiten an dieser Hose habe ich mit der Singer 316 ausgeführt, aber das ist ein anderes Kapitel. Mehr Fotos davon auf meinem Blog https://hummelbrummel.blogspot.de/2017/ ... -mode.html)

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 10:18
von messenger61
Hallo,
habe eben auch noch zwei provisorische Ausgleichsscheiben gebastelt. Material war ca. 0,5 mm einfaches Heftordner-Plastik. Ich hatte doch keinen 21 mm Bohrer, nur 20 mm. Das Plastik kann man problemlos mit einer Nagelschere rundschneiden. Passt auch sehr gut hinter die neuen Scheiben, man sollte aber die Schutzfolien alle abziehen von den neuen Scheiben. Die Scheiben sitzen m.E. damit sehr gut in der Maschine.

Ich habe nicht wirklich damit genäht, nur (ohne Faden) Löcher in zwei Lagen Papier gestanzt. Damit kann man die Wiederhol-Genauigkeit auch ganz gut erkennen.

Minimal-Ergebnis:
- ja, die Stichlänge ist wirklich seeehr kurz!
- ja, es bleibt immer noch etwas ungenau. Die Seiten-Auslenkung (Zickzack) stimmt, aber nicht die Bewegung beim Stofftransport. Bei mir hakelt der Transporteur. könnte auch am Papier liegen.

Und ja: ich glaube auch, dass die Borletti-Leute schon die Probleme mit der Wiederholgenauigkeit kannten. Ich denke die Scheiben sind einfach zu klein. Mit größerem Durchmesser wäre die Sache genauer. Aber das gibt die Maschinen-Konstruktion nicht her.

Oder jemand konstruiert die Borletti um: "Borletti Improved"

Edit: und ja: mir gefällt der Ton beim Nähen und das ticken des "italienischen Uhrwerks" sehr gut! Trotz Stichproblemen mit Scheiben.
Was mir noch einfällt: ich kann mal die Bewegung des Abtasters (mit neuer Scheibe) nachmessen mit einer Messuhr. damit lässt sich die Abtast- und Scheibengenauigkeit besser beurteilen. Kann aber noch etwas dauern.

Nochmal Edit: Ja, die Stiche sehen gut aus auf dem Jeansstoff. Trotzdem / leider ist die Borletti so (kurze Stiche) eine Maschine für Spezialanwendungen.

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 10:37
von Lanora
Ich finde das ja faszinierend das ihr solche Stichmusterscheiben selbst herstellen könnt , Respekt! beerchug Wenn man das doch für die Elna auch machen könnte angel

Zur Überlegung das die Muster näher beieinander liegen wenn man schneller näht . Ich habe da den Transporteur in Verdacht...... Das also einfach der Stoff nicht so schnell transportiert wird wie er sollte. Kann das sein ?

und die Musterlänge ( wie z.B. bei dem Dreifachgeradestich ) läßt sich nicht durch die Stichlänge der Maschine beeinflussen ?
Also man würde ja bei größerer Stichlänge das Muster "auseinanderziehen" ?

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 10:42
von messenger61
Stichlänge stand bei mir auf Maximum. Mit Scheiben-Nutzung reduziert sich die Länge ganz stark.

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 11:27
von Hummelbrummel
Lanora hat geschrieben:
und die Musterlänge ( wie z.B. bei dem Dreifachgeradestich ) läßt sich nicht durch die Stichlänge der Maschine beeinflussen ?
Also man würde ja bei größerer Stichlänge das Muster "auseinanderziehen" ?
Jein.

Also, ich habe den "Trick" (Funktionsweise der Maschine an dieser Stelle) verstanden, aber ehrlich gesagt ist mir das zu kompliziert, das verständlich zu erklären.

Beeinflussen lässt sich die Stichlänge schon, aber z.B. der 3-fach-Geradstich lässt sich nicht mehr länger machen als diese 2mm, was die Hälfte der gesamtmöglichen Stichlänge bei ausgeschaltetem Automatik-Betrieb ist.

Also, bei mittlerer Einstellung des Automatik-Rades und maximaler Stichlänge sind Vor- und Rücktransport gleich lang, nämlich halb so lang wie die mögliche Gesamtlänge ohne Automatik.
Mit Automatik kann man dann den Vortsich länger machen, dann wird der Rückstich kürzer (oder umgekehrt), das ist dann nicht mehr der 3-fachstich, den ich will.
Oder man kann die gesamte Stichlänge kürzer stellen, dann wird alles noch kürzer.

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 11:48
von messenger61
Danke für die Erklärung.
Da müsste man also eine Art Multiplikator für die Stichlänge einbauen bei Automatikbetrieb.
Gleichzeitig würde das aber zu noch ungenaueren (Stofftransport-)Ergebnissen führen, denn die schon vorhandenen Abweichungen/Ungenauigkeiten würden mit-multipliziert.
Ich denke die Konstrukteure haben die kürzere Stichweite absichtlich aus diesem Grund eingebaut.

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 12:38
von messenger61
Habe mir eben noch die Mechanik angeschaut: theoretisch könnte man die Borletti umfrisieren auf volle Stichlänge im Automatik-Modus.

Erforderlich wäre dazu:
a) ein Abtaster-Hebel mit weiter in den Scheibenbereich hineinragendem Abtaster (sonst identisch)
EDIT: die Hälfte dieser Arbeit haben die Borletti-Ingenieure schon erledigt: der Hebel ist verstellbar, man müsste nur den Verstellbereich erweitern. Man kommt auch leicht dran: dafür gibt es auf der Rückseite die Wartungsklappe.
b) neue Scheiben speziell für die Transporteur-Steuerung: mit größerem Hub. Die würden vermutlich von der Größe her sogar noch reinpassen.

Allerdings:
- Regelbarkeit von Vor-/Zurück im Auto-Modus wäre dann nicht mehr richtig möglich. Die Konstruktion der Scheiben wäre ohne Regulierbarkeit schwierig(er)
- zum Einlegen der Scheiben müsste der Abtast-Hebel manuell nach aussen gedrückt werden (können)

Möchte nicht noch jemand eine Borletti kaufen + umbauen? Ich kriege langsam die Krise: nur noch Borletti im Kopf.
So , und jetzt: schöne Weihnachten!

Re: meine Borletti 1102

Verfasst: Mittwoch 20. Dezember 2017, 13:48
von duesenberg
Eher nicht, habe ja schon eine 1101. Aber Lust machen eure Experimente schon!

Ebenfalls: frohe Weihnachten!