Bitte um Hilfe bei meiner alten Singer Modell

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Hosenkürzer
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Re: Bitte um Hilfe bei meiner alten Singer Modell

#11 Beitrag von Hosenkürzer »

Hallo Rainer,

die Maschine stammt höchstwahrscheinlich aus österreichischer Produktion und hat mit der "Singer Co." nichts zu tun.

Schau mal, ob Du auf der Unterseite der Grundplatte ein Gusszeichen findest.
Ich vermute, das ist eine Maschine der Fa. A.Greger&Co. aus Wien Ottakring.

"Wert" (wenn Du den materiellen Wert meinst), ist sie gar nichts, diese Langschiffmaschinen stehen besonders im östlichen Österreich auf jedem zweiten Dachboden oder Scheune herum und rosten vor sich hin (leider).

lG Helmut

hutzelbein
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Re: Bitte um Hilfe bei meiner alten Singer Modell

#12 Beitrag von hutzelbein »

Das war dann wenn noch Alt-Österreich oder die Kaiserliche und königliche Monarchie Österreich-Ungarn zu Zeiten von Kaiser und König Franz Joseph I. Dieses Reich hat mit dem heutigen Österreich auch nur noch relativ wenig zu tun. Da gehörte neben dem heutigen Österreich, Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Teile der Ukraine und vom heutigen Rumänien (incl. Siebenbürgen), sowie Bosnien, Kroatien, Slovenien und Südtirol dazu. Das Reich hatte in Triest noch einen eigenen Seehafen.

A.Greger & Co., Commandit-Gesellschaft für Fein-Mechanik, Haymeriegasse 30,32 u.34, Wien

Es wurde deutsch gesprochen. Wollte man in Wien ein Singerlein nachbauen oder etwas für den Export herstellen? Das glaube ich kaum. Minderwertigkeitskomplexe auf technischen Gebiet hatte man vermutlich auch nicht. Weltoffen war man dagegen weniger.

Es gab eine New Home Sewing Machine Company, New York, die aus der Johnson, Clark & Co., New York hervorgegangen ist und die ebenfalls mit Wheeler & Wilson eng zusammenarbeitete. Diese Firma hatte auch ein Büro in London. Die Firma plazierte auch Werbung mit der Überschrift New Home Rotary Shuttle Sewing Machine. Es gab auch solche Werbung.

http://ismacs.net/newhome/new-homes-bew ... ement.html

Könnte sein, dass A. Greger eine solche Maschine aus London oder USA importiert hat, über den Hochseehafen, Triest. Dann wurde ins Eisengestell noch der eigene Firmenname eingeschlagen oder nur das Eisengestell in Wien kunstvoll irgendwie nachgebaut. Solche Verzierungen kannte das Land viele. Die Armut im Land war damals im Reich nicht gerade gering, die Handwerkskunst aber relativ hoch. Viele Alt-Österreicher und Schneider sind deshalb auch nach USA ausgewandert. Dort habe ich als Alt-Österreicher auch noch Verwandtschaft. Es könnte sein, dass solche Auswanderer in USA für Exporte in Richtung Wien gesorgt haben. Möglicherweise waren es auch alt-österreichische Ingenieure, die bei der Entwicklung dieser Maschinen mitgewirkt haben. Vor Singer hatten die damals um 1880 noch keinen großen Respekt und irgendwie mussten die Schiffe, die die Auswanderer nach New York, Chicago oder Milwaukee brachen auch wieder beladen zurückfahren.

Die Auswanderer sind nicht einfach spurlos geflüchtet. Die hatten in aller Regel noch guten Brief-Kontakt zu ihrer Heimat und haben dabei ausführlich beschrieben, was sie in USA alles erleben. Wenn es in USA was gutes gab, was es in der Heimat noch nicht gab, dann wussten es die Zurückgebliebenen auch relativ schnell.

Singer war in Österreich über Jahrzehnte nicht besonders beliebt. Heute sitzt die zentrale Singer Verkaufs- und Serviceorganisation für den deutschsprachigen Raum in Wien. Singer hat sich 1905 Wheeler & Wilson einverleibt. Damit war ein Sewing Machine War weitgehend beendet. Singer hat insgesamt weniger erfunden, als es viele wahrhaben wollen. Nur bei der industriellen Produktion und kapitalmäßigen Ausstattung hatte Singer fast immer die Nase vorn. Vermutlich wollte sich auch kein Hersteller mit Singer lange streiten und mit teueren Wettbewerbs-Prozessen konfrontiert werden. Umgekehrt hat sich Singer vermutlich im alten Österreich auch nicht gewagt einen Wettbewerbsprozess zu führen. In London hat es Singer versucht und ist dabei mindestens zweimal gescheitert.

Es gab ein paar japanische Nähmaschinen-Legenden wie z.B. die Yasui Brüder.
http://www.mynewsdesk.com/ie/brother/im ... sui-997676
Die haben mit Singer nach dem 2. Weltkrieg zunächst kooperiert. Dann hat sich einer der Brüder angesehen, wie Singer in USA produziert. Danach sagte er sich, was die können, können wir noch viel besser und wesentlich schneller sowie flexibler.
Adler 8 - Meister ZZ Automatik - Pfaff 130 - 230 - Phoenix DD 6 - Singer 206D - (u.v.m.)

Hosenkürzer
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Re: Bitte um Hilfe bei meiner alten Singer Modell

#13 Beitrag von Hosenkürzer »

Hallo hutzelbein,

daß diese Maschine von der Fa. Greger stammt, habe ich VERMUTET.

Definitiv WEISS ich, daß Greger solche Maschinen mit genau diesem Tisch und der Bezeichnung
"The New Shutle (mit einem "t") Sewing Machine" hergestellt hat. Ich habe 3 St. davon.
Auf der Grundplatte unten findet sich ein Gusszeichen mit einem stilisierten "A", "G" und "Co".
Auf der Schiebeplatte findet man bei einigen die Bezeichnung "Oe Pat. 30931" sowie eine ungarische Patentnummer.

Über die K&K Monarchie weiß ich (in Grundzügen) Bescheid, ich habe trotzdem nur kurz "österreichische Produktion" geschrieben.

lG Helmut

P.S.: siehe https://naehmaschinentechnik-forum.de/v ... =26&t=5479

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