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Josh430
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#1 Beitrag von Josh430 »

Zum Abschluss noch mal alle Singer Modelle, die ich besitze


Singer 66 mit Kniehebel:

Meine erste alte Nähmaschine war eine Singer 66 . Sie sah zwar noch gut aus, aber ich musste sie wegschmeißen, weil sie zu lange im Keller gestanden hatte. Später hatte ich dann noch eine zweite 66 gekauft und zwar die, die ich hier im Forum vorgestellt hatte. Dank dem Stecker, den ich hier bekommen habe kann ich sie benutzen. Näht ganz gut, mit ein paar Problemen, aber mit der Elektronik nicht wirklich zum dauerhaften arbeiten. Es war viel Zubehör dabei, aber der Kräusler war kaputt.
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Singer V.S. 2:

Diese Maschine war meine erste im Gestell. Dieses Modell habe ich in den letzten Jahren erst knapp 5 mal bei ebay gesehen, welch ein Glück, dass diese direkt bei mir um die Ecke stand. Die Maschine ist aus dem Jahr 1888 und ist in einen gebrauchten Zustand. Die Schraube für die Stichplatte ist nicht mehr drehbar, so oft wurde sie schon abgenommen. Ich hatte ja schonmal betont, dass die Schraubenköpfe bei Singer so weich sind. Bei anderen Maschinen habe ich schon zigmal die Klappen abgeschraubt und wieder angeschraubt. Bei Singer rutscht man einmal ab und die Schraube ist quasi ruiniert, das mussten die Besitzer vor mir wohl auch erfahren haben. Der Mechanismus beim Spuler, der den Faden automatisch gleichmäßig auf die Spule aufwickelt, war zum Glück in der Schublade und so kommte ich ihn wieder anbauen. Auch hier war ein Kräusler dabei und natürlich war auch dieser Kaputt. Sie macht recht saubere Nähte, nur mit der Fadenspannung ist das manchmal Glücksache. Auch mag sie keinen dickeren Stoff, man spürt förmlich wie sie das hasst. Bei dünnen Stoffen gibt es keine Probleme. Ich finde man merkt, dass die alten Maschinen mittlerweile verbraucht sind und nach 100 Jahren stark an ihre Grenze kommen, die Lager haben großes Spiel. Auch wie lange das mit der Holzstange am Pedal noch gut geht, die ist auf maximalster Einstellung und ist immer noch lose. Für die nächsten Generationen wird es schwer, ewig hält nichts.
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Singer 128:
Diese Maschine wurde wohl vorher kaum benutzt. Nach einem Wasserschaden im Keller und zusätzlichen Putzmittel Schaden an den Verzierungen, sieht sie jetzt allerdings sehr mitgenommen aus. Es lässt sich aber noch erahnen, wie die Maschine noch vor ein paar Jahren ausgesehen haben muss. Auch hier ist die Fadenspannung Glücksache bzw. millimeterarbeit
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Singer 28:

Diese Maschine sieht trotz der abgeriebenen Verzierungen nicht nur aus wie neu, sie läuft auch wie neu und macht unglaubliche 14 Umdrehungen mit einem Anschwung am Handrad. Sie läuft so leicht, dass es nicht möglich ist das Schiffchen heraus zu nehmen ohne das Handrad festzuhalten, weil sie sich immer wieder zurück dreht. Die Maschine ist aus dem Jahr 1898. Die Maschine scheint wohl nur die ersten Jahre intensiv benutzt worden zu sein, danach hat sie rumgestanden
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Singer 15:
Auch diese Maschine hat die zweite Hälfte ihres Dasein's als Dekoration verbracht. Die Fadenspannung ist hier keine Glückssache, sieht geht einfach garnicht - egal in welcher Stellung immer Knötchen zu sehen. Sieht gut aus, doch durch unsauber gestanzte Metallteilen rutscht der Faden nicht gut. Zum Schluss, auch bei dieser Maschine war ein recht seltener Singer Kräusler dabei und wie war es anders zu erwarten....auch dieser war kaputt. Nur damit nicht der Gedanke entsteht ich könnte keine Kräusler bedienen, bei meiner Paff 31 funktioniert der beiliegende Kräusler. Entweder sind die an den Nieten gebrochen oder von der Benutzung so verbogen das der Mechanismus nicht mehr funktioniert.
Dieses Modell in dem Tisch habe ich zwei mal, die eine ist aus dem Jahr 1903 die andere aus 1907.
Doch bei der anderen, die ich für 10€ gekauft habe, habe ich erst später gemerkt, dass das Gestell gebrochen ist. Damit wandert sie demnächst im Schrott, vielleicht sind ein paar Ersatzteile noch brauchbar.
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Willcox&Gibbs Kettstichmaschine:

Nach einem Versandschaden ist die leider hin gewesen. Was soll's, mit einem kleinen Holzkoffer ist sie eine nette Dekoration.


Andere die ich noch habe lohnen sich nicht hier aufzuzählen, sie sind neuer.
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Josh430
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Re: Ein Überblick

#2 Beitrag von Josh430 »

Ich möchte dazu noch einmal auf die Sache mit der Qualität zu sprechen kommen, Dinge die mir an den Maschinen aufgefallen sind darstellen - und jeder kann sich gerne seine eigene Meinung dazu bilden. Da die verschiedenen Modelle die ich gekauft habe, eigentlich ohne das bewusst so gekauft zu haben, zeitlich sich alle sehr dicht aneinander reihen und quasi einen Zeitstrahl bilden, kann ich mir ungefähr ein Bild machen, wie sich die Qualität bei Singer von 1890 bis 1910 Entwickelt hat. Anfangs noch mit schwärmenden Blick, ist daraus ein Kritischer gewachsen. der Wahn von niedrigen Produktionskosten hatte längst eingeschlagen und nahm seinen Lauf, bis heute. Ja, natürlich sind diese Maschinen stabiler, als die heutigen, doch ist unser Blick darauf recht verfälscht, durch noch schlechtere Maschinen werden diese automatisch besser sein. Eine Maschine aus den 60ern wurde von vielen Hausfrauen damals als schlecht angesehen, heute allerdings stellenweise wieder als gut, da wir heute noch schlechtere Maschinen als Vergleich haben. Schafft man es aus diesen Vergleichen zu unserer modernen Produktion auszutreten und sie nur aus der Perspektive der Zeit damals zu bewerten, sieht man vielleicht ganz andere Dinge und kann Kritik zulassen.
Singer ist schon kurz nach der Gründung eine Große Fabrik gewesen, doch hielt sich die Qualität meiner Meinung nach halbwegs bis 1900. Nach 1900 kam allerdings ein deutlicher Qualitäts Abbau, teile wurden plötzlich so dünn, dass sie gerade für die Funktion noch gut genug waren. Überrascht war ich, als ich das Gestell (welches ab 1910 gebaut wurde) gesehen habe. Außerdem hat es überall kleine Gussfehler. Das Antriebsrad hat bei einem Gestell von 1895 eine Stärke von 2,8cm, nur 15 Jahre später hat es sich halbiert auf 1,5cm und ist damit so dünn, das gerade noch der Riemen darauf passt.
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Auch das Handrad wurde ab 1910 bei allen Maschinen halbiert, was sicher nicht nur mit material Ersparnis zu tun hat, sondern mit der Möglichkeit die Maschinen jetzt auch elektrisch zu betreiben. Was es auch war, es vermittelt mir kein Gefühl von massivität
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Auch Konstruktionsfehler musste ich feststellen, manche hatte ich hier schon einmal vorgestellt. Bei der 28k kann man den Spulenwickler nicht zurück stellen, da er dann am Riemen schleift. Wie so etwas niemanden auffallen konnte, verstehe ich bis heute nicht. Außerdem fehlt ein Öl Loch über dem Mechanismus vom Fadengeber. Das Lager kann man dadurch nicht Ölen
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Auch eine ausklappbare Platte über ein dünnes Schubladen Gestell zu halten, das gerade ausreicht die Schublade selber zu halten, kann nicht
Gut gehen. Die Folge, die Löcher an dem Gestell brechen bei Benutzung aus und sind nicht mehr schraubbar. Dadurch wird die gesamte Konstruktion so instabil, dass sich bei hochklappen der Platte die Schublade gefährlich zur Seite neigt und laut knackt. Belastet man diese jetzt noch mit dem kleinen Finger hat man das Gefühl, das Ganze bricht gleich ab. Ich habe zwei mal die gleiche Maschine, bei beiden der gleiche Schaden und somit ein eindeutiger Konstruktionsfehler.
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Bei anderen habe ich gesehen, dass der Halter am Gestell angebracht war, alles andere ist Dekoration.

Auch interessant fand ich, dass die Verzierungen an den Tischen gar nicht echt sind, sondern unter Druck in formen gepresst (aus Sägemehl und Kleber). Ähnlich einer Composition, die bei Puppen verwendet wurde, bröckeln heute diese Verzierungen manchmal. Die ,,Messing" Griffe an den Schubladen sind aus dünnen Blech, dass sie nicht für die Belastung durch das ziehen geeignet sind. Durch Benutzung hatten die sich nach vorne gebogen. Da ich das Model zwei mal habe, war bei beiden der gleiche Fehler zu erkennen. Als ich die Griffe ab gemacht hatte, um sie zu putzen war mir bereits klar, dass ich sehr vorsichtig sein muss. Trotz geringsten Druck sind sie quasi in der Hand dahin geschmolzen und da war mir klar, warum die vom ziehen so verformt waren.


Während der Zeit, in der ich die Maschinen näher kennengelernt habe, habe ich auch die Probleme des Bogenschiffchens kennengelernt. Manchmal, wenn die Spule sich von unten abwickelt, fällt sie während des nähens einfach aus dem Schiffchen und blockiert mit einen lauten krachen die ganze Maschine plus reißenden Faden. Problem ist man kann das Schiffchen dann nicht einfach heraus nehmen und die Spule wieder einsetzen, denn die Spule rutscht unter den Halter und hindert einen so am heraus nehmen. Auch ein Problem was immer wieder vorkommt ist, dass der Faden hinten nach hinten in dem Schlitz am Schiffchen wandert, dort hängen bleibt und der Faden reißt.
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Benno1
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Re: Ein Überblick

#3 Beitrag von Benno1 »

Moinmoin und herzlichen Dank für Deine Presentation. Irgendwie schade um die eine 66er Singer, die in den Müll ging heul
Elna supermatic, ZZ und SU sind meine Hauptmaschinen, Singer 66, Singer-Klon von Rast & Gasser, Kayser L und noch so einige biggrin biggrin biggrin

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Re: Ein Überblick

#4 Beitrag von det »

Danke für die schöne Aufzählung, Josh.
Josh430 hat geschrieben:Singer 28:

Diese Maschine sieht trotz der abgeriebenen Verzierungen nicht nur aus wie neu, sie läuft auch wie neu und macht unglaubliche 14 Umdrehungen mit einem Anschwung am Handrad. Sie läuft so leicht, dass es nicht möglich ist das Schiffchen heraus zu nehmen ohne das Handrad festzuhalten, weil sie sich immer wieder zurück dreht.
Meine 28 ist zwei Jahre jünger (August 1900) und in optisch sehr abgenutztem Zustand, aber auf Papier schafft sie tatsächlich sogar 15 - 16 Umdrehungen nach einem Schubser am Handrad.

Gruß
Detlef
Maschinen: viel zu viele - Zeit dafür: viel zu wenig
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nicole.boening
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Re: Ein Überblick

#5 Beitrag von nicole.boening »

Super Zusammenfassung, magst du die Seriennummer der Modelle vielleicht noch ergänzen?

Bei meinen alten Singer Modellen konnte ich bisher keinen Konstruktionsfehler erkennen, der nicht dem Stand der Technik entsprochen hätte. Die Leute haben damals mit diesen Maschinen teilweise ihren Lebensunterhalt bestritten, und das sogar erfolgreich. Wenn man liest, was du über die Maschinen schreibst, klingt das nahezu unglaublich.

Ich sehe die Entwicklung der Nähmaschinen insgesamt ein wenig anders - also mein Blickwinkel ist ein anderer: Für mich ist nich das geradstichnähende Eisenschwein der Jahrhundertwende die Krönung der Nähmaschinenwelt. Jede Maschine deiner Zeitachse ist ein Zeugnis der Erkenntnisse zur jeweiligen Zeit. Material zu sparen ist ein ganz vernünftiges Bedürfnis. Die Maschinen leichter, auch transportierbarer zu machen, Material zu sparen und sie günstiger anbieten zu können, ist für mich nachvollziehbar und nicht grundsätzlich verwerflich. Schau dir die ersten Handys an. Meist sind frühe Modelle - von was auch immer - enorm überdimensioniert und irre teuer. Der Stand der Technik ändert sich, die Qualität der Materialien, der Umfang der Ausstattung, die Fähigkeiten und Gadgets der Maschinen etc. - alles spannende Entwicklungen und Zeugen des Standes der Technik, der Erkenntnisse der Zeit. Manche sind Verirrungen, andere haben die Technik enorm voran getrieben. Die Entwicklung der Nähmaschine hat sich vor allem durch Singer enorm beschleunigt. So viel kann man wohl ganz neutral feststellen.

Zum Qualitätsbegriff wie du ihn verwendest, kann ich nur sagen, dass die Qualität im Sinne des Käufers ja nicht nur darin besteht, dass das maximal dicke Metall zu erhalten. Die Anforderungen der Zeit waren eventuell andere als du sie heute formulierst. Bezahlbare und funktionierende Maschinen wichtiger als mehr als 2 Zentimeter Gußeisendicke. Qualität selbst ist ein relativ neutraler Begriff - den man frei für sich definieren kann. Gepaart mit dem Blick auf den "Stand der Technik" zur jeweiligen Zeit relativieren sich für mich einige deiner Ausführungen.

Danke für die Diskussionsvorlage.
Näh und schraub wie du dich fühlst.

Neuestes Video über Brillengreifer
https://youtu.be/R-8Pf68mo90

messenger61
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Re: Ein Überblick

#6 Beitrag von messenger61 »

Ich hätte immer noch meine V.S. 3 abzugeben, von 1888. Das ist die kleine, eckige ohne die geschwungene Basis.
Hier ein paar Bilder http://naehmaschinentechnik-forum.de/vi ... =17&t=3244

Von exakt so einer Maschine habe ich noch überhaupt kein Bild im Internet gesehen, ich meine jetzt eine Ausführung mit der langen Wartungsklappe auf der Armrückseite. Aber man sieht ja meist nur die Vorderseite.
http://www.sil.si.edu/DigitalCollection ... 70-01a.jpg

Könntest Du mal dir Rückseite der VS2 fotografieren? Mich würde die Form der Abdeckung interessieren.

Fischkopp
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Re: Ein Überblick

#7 Beitrag von Fischkopp »

die handraeder wurden ja auch wegen der zunehmenden motorisierung schlanker,da wurde nicht mehr so viel schwungmasse gebraucht.ich frage mich auch, ob bei 120 jahre alten maschinen noch alles erstausruester teile verbaut sind

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